Digitale Transformation der Bauindustrie
Gregor Müller über Vision, Verantwortung und den Weg von BIMsystems
Stuttgart, Mai 2025 – Gregor Müller, Geschäftsführer von BIMsystems, spricht im Interview über die Entwicklung des Unternehmens, aktuelle Herausforderungen in der Baubranche und die Rolle digitaler Lösungen wie BIM. Im Fokus: Effizienz, Nachhaltigkeit und eine klare Vision für die Zukunft der Bauindustrie.
1. Gregor, wie hat sich BIMsystems seit seiner Gründung entwickelt und was sind die größten Erfolge, auf die du besonders stolz bist?
Seit unserer Gründung im Jahr 2015 hat sich vieles verändert. Damals starteten wir mit dem Angebot, individuelle BIM-Objekte für Bauprodukt- und Baustoffhersteller zu modellieren. Diese sogenannten herstellerindividuellen BIM-Contents kombinierten geometrische Daten mit produktspezifischen Informationen gemäß den Anforderungen der jeweiligen Hersteller.
Schon früh wollten wir verstehen, mit welchen Herausforderungen Hersteller bei der Erstellung, Pflege und Aktualisierung solcher BIM-Objekte konfrontiert sind. Diese Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Entwicklung der ersten Version unserer Plattform. Ziel war es, die Arbeit mit BIM-Objekten für Hersteller einfacher, effizienter, skalierbarer und qualitativ hochwertiger zu gestalten.
Im Austausch mit Nutzern und Herstellern ergaben sich im Laufe der Zeit neue Anforderungen. Es wurde deutlich, dass herstellerindidviduellen BIM-Inhalte bei Anwendern oft Probleme verursachen. Zu detaillierte Geometrien führten beispielsweise zu Performanceproblemen in der BIM-Software. Auch uneinheitliche Datenstrukturen erschwerten die Auswertung der Modelle – etwa bei Mengenermittlungen, Kalkulationen oder Simulationen. Daher werden solche Inhalte in der Praxis oft nur eingeschränkt verwendet.
Trotz des starken Fokus auf Bauprodukte und ‑teile sind viele Unternehmen, die mit diesen Daten arbeiten sollen, noch immer unterrepräsentiert. Gründe dafür sind häufig die hohen Kosten, die technische Komplexität und der Mangel an Fachkräften – alles Faktoren, die eine BIM-Implementierung erschweren. Umso mehr erfüllt es mich mit Stolz, gemeinsam mit meinem Team ein System entwickelt zu haben, das beide Welten verbindet und modellbasiertes Arbeiten mit strukturierten Informationen ermöglicht.
2. Welche Vision verfolgt BIMsystems und wie sieht die langfristige Strategie für das Unternehmen aus?
Unser Ziel ist es, die Bauindustrie durch innovative Technologien und optimierte Prozesse grundlegend zu verändern. Wir möchten dazu beitragen, die Branche stärker zu vernetzen – mit dem Ziel, dass alle Beteiligten effizient zusammenarbeiten können, um bessere, zukunftsfähige Gebäude zu realisieren.
Wir leisten unseren Beitrag zur Transformation der Baubranche, indem wir Daten, Menschen und Technologien miteinander verbinden. Unser Anspruch ist es, praxistaugliche, skalierbare Lösungen in Unternehmen zu etablieren, die digitale Zusammenarbeit fördern und den wachsenden Anforderungen von Kunden, Auftraggebern sowie den gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen gerecht werden.
Ein zentraler Schritt in diese Richtung ist die Verbindung produktneutraler Planung mit den Produktdaten von Baustoff- und Bauteilherstellern. Dadurch schlagen wir eine Brücke zwischen bislang voneinander getrennten Welten, die nicht einfach per Knopfdruck über digitale Prozesse verknüpft sind. Diese Vernetzung eröffnet neue Möglichkeiten für ergänzende Softwarelösungen und Plattformmodelle, die das digitale Planen und Bauen nachhaltig vorantreiben.
3. Wie hat sich die Bauindustrie in den letzten Jahren verändert und wie trägt BIMsystems zu dieser Transformation bei?
In den letzten Jahren hat sich die Bauindustrie in Deutschland aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen stark gewandelt. Vor allem die gestiegenen Zinsen und damit verbundene höhere Finanzierungskosten haben zu einem spürbaren Rückgang der Nachfrage geführt – insbesondere im Wohnungsbau. Viele Bauprojekte werden verschoben oder ganz gestrichen. Die Branche steht vor der Herausforderung, trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen effizient und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Im Unterschied zur Lage während der Corona-Krise beobachten wir jedoch, dass Digitalisierung heute eine deutlich größere Rolle spielt. Anders als früher werden Digitalisierungsprojekte seltener gestrichen. Themen wie der zunehmende Fachkräftemangel sowie das Streben nach mehr Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit rücken in den Fokus. Gesucht werden Lösungen, die sich einfach implementieren lassen – möglichst ohne aufwendige Beratungsprozesse oder schwer verfügbare Fachkräfte angewiesen zu sein.
Deshalb machen wir das Wissen und die Erfahrungen aus tausenden BIM-Projekten für Anwender zugänglich. Unser Ziel ist es, eine Lösung bereitzustellen, die zuverlässig funktioniert – auch wenn das bedeutet, dass individuelle Anforderungen in gewissem Maße an eine skalierbare Standardlösung angepasst werden müssen. Es geht um den bewussten Ausgleich zwischen Individualisierung und Skalierbarkeit.
4. Wie geht BIMsystems mit dem Thema Nachhaltigkeit um und welche Rolle spielt es in den angebotenen Lösungen?
Das Zusammenspiel von Building Information Modeling (BIM) und Nachhaltigkeit wird immer wichtiger für eine zukunftsfähige Bauindustrie.
Wie trägt BIM zu mehr Nachhaltigkeit bei?
BIM ermöglicht es, Nachhaltigkeitsziele direkt in den Planungsprozess zu integrieren. Durch digitale Modelle lassen sich verschiedene Szenarien – etwa zur Energieeffizienz, Materialwahl, CO₂-Bilanz oder den Lebenszykluskosten – frühzeitig simulieren und bewerten. So können fundierte und nachhaltige Entscheidungen getroffen werden, noch bevor der erste Spatenstich erfolgt.
Beispiele für den Mehrwert durch BIM:
- Materialauswahl & Ressourceneffizienz: BIM-Modelle liefern präzise Informationen zu Materialien und Mengen. Das erleichtert die Auswahl nachhaltiger Baustoffe und hilft, Übermengen sowie Abfälle zu vermeiden.
- Energie- und Umweltanalysen: Schon in der Entwurfsphase lassen sich mithilfe von BIM energetische Berechnungen, Tageslichtsimulationen und CO₂-Emissionen analysieren und optimieren.
- Ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung: BIM macht es möglich, ein Gebäude über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg zu betrachten – von Planung über Bau und Betrieb bis zum Rückbau. Wartung, Sanierung und Recycling können so frühzeitig berücksichtigt werden.
Die Rolle der Daten – zentral für nachhaltiges Bauen
Entscheidend für nachhaltiges Planen und Bauen mit BIM ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten. Nur vollständige, aktuelle und gut strukturierte Informationen ermöglichen wirklich belastbare Entscheidungen.
Genau hier setzen wir an: Wir verbinden die produktneutrale Planung mit den Produktdaten und Informationen der Hersteller. Zusätzlich bieten wir Werkzeuge, mit denen sich diese Daten einfach aktualisieren und versionieren lassen. Gerade bei langlaufenden Projekten ist das essenziell – denn Produktzulassungen oder technische Eigenschaften ändern sich häufig. Die Verfügbarkeit aktueller Informationen ist daher eine der größten Herausforderungen für nachhaltiges Bauen mit BIM.
5. Die Führung eines Unternehmens im Tech-Bereich erfordert ein besonderes Augenmerk auf die Unternehmenskultur. Wie würdest du die Kultur bei BIMsystems beschreiben und wie förderst du Innovation und Zusammenarbeit im Team?
BIMsystems steht für Offenheit, Respekt und eine klare Ausrichtung auf Innovation. Als agiles Tech-Unternehmen treiben wir die Digitalisierung der Bauindustrie aktiv voran. Werte wie Transparenz, Verantwortungsbewusstsein, Teamgeist und der Mut zu neuen Wegen prägen unseren Alltag – nicht nur in Worten, sondern in gelebter Praxis.
Innovation entsteht bei uns durch interdisziplinäre Zusammenarbeit. Jede und jeder kann Ideen einbringen – unabhängig von Funktion oder Hierarchie. Fehler verstehen wir als Lernchance. Wir fördern Eigenverantwortung, Experimentierfreude und den Mut zum Ausprobieren. Formate wie Workshops, Feedbackrunden und der enge Austausch mit Kunden und Partnern halten uns am Puls der Zeit und helfen uns, unsere Lösungen stetig weiterzuentwickeln.
Unser Erfolg basiert auf echter Zusammenarbeit: Flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege und offene Kommunikation schaffen ein Umfeld, in dem Talente wachsen – vereint durch die gemeinsame Vision, die Bauindustrie nachhaltiger und effizienter zu gestalten.
6. In der Baubranche hat sich in den letzten Jahren viel verändert, insbesondere mit der zunehmenden Digitalisierung. Welche Trends siehst du, die die Zukunft der Branche und von BIMsystems maßgeblich beeinflussen werden?
Die Bauindustrie befindet sich im Umbruch – angetrieben durch Digitalisierung, neue Technologien und den zunehmenden Bedarf an nachhaltigen Lösungen. Digitale Plattformen und offene Datenstandards vernetzen Projektbeteiligte effizienter denn je und schaffen Transparenz über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks.
Gleichzeitig gewinnen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft stark an Bedeutung. Ressourcenschonendes Bauen, CO₂-Reduktion und ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtungen rücken in den Fokus. Digitale Werkzeuge wie BIM sind entscheidend, um diese Ziele planbar und messbar umzusetzen.
Auch Automatisierung und Künstliche Intelligenz verändern die Branche grundlegend: Sie reduzieren Fehler, beschleunigen Prozesse und entlasten Fachkräfte bei wiederkehrenden Aufgaben.
Bei BIMsystems reagieren wir gezielt auf diese Entwicklungen. Unsere Lösungen sind flexibel, skalierbar und zukunftssicher – mit dem klaren Fokus, echten Mehrwert zu schaffen und die Bauindustrie nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Unsere Unternehmenskultur – geprägt von Teamgeist, Verantwortung und Innovationsfreude – bildet das Fundament, um diesen Wandel aktiv mitzugestalten.